Rechtsanwältin Danja Rimmele
 


Aktuelle Urteile und Nachrichten


13.12.2023

EuGH-Urteil vom 7. Dezember 2023: Der EuGH hat am 7. Dezember 2023 zwei wichtige Urteile gefällt, die natürlichen Personen nach der Insolvenz den schnelleren Wiedereintritt ins Wirtschaftsleben erleichtern werden. Während die Information über die Erteilung der Restschuldbefreiung im öffentlichen Insolvenzregister nach sechs Monaten gelöscht wird, haben private Auskunfteien (auch die SCHUFA) diese Information in der Vergangenheit für drei Jahre gespeichert. Vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden hatten Bürger Bescheide des zuständigen Datenschutzbeauftragten angefochten, der nicht gegen die Speicherpraxis sowie gegen das sogenannte „Scoring“ der SCHUFA vorgegangen war. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte die Verfahren dem EuGH (C 26/22 und C 64/22) vorgelegt.

Der EuGH hat nun entschieden, dass es gegen die DSGVO verstößt, wenn private Auskunfteien Daten über das Insolvenzverfahren länger speichern als das öffentliche Insolvenzregister. Die Restschuldbefreiung solle den betroffenen Personen die erneute Beteiligung am Wirtschaftsleben ermöglichen. Auch die Erteilung der Restschuldbefreiung werde bei der Kreditwürdigkeit allerdings negativ bewertet. Nach Ablauf von sechs Monaten haben betroffene Personen daher das Recht auf Löschen dieser Daten. Ob die Speicherung während der sechs Monate, in denen die Daten auch im Insolvenzregister abrufbar sind, zulässig ist, muss das Verwaltungsgericht Wiesbaden abwägen.
Das „Scoring“ bewertet der EuGH (C-634/21) als eine von der DSGVO grundsätzlich verbotene „automatisierte Entscheidung im Einzelfall“. Ob die Vorgehensweise der SCHUFA dennoch als Ausnahme von der DSGVO erlaubt ist, muss nun ebenfalls das Verwaltungsgericht Wiesbaden noch entscheiden.

27.05.2022

Aufhebung eines Ordnungsgeldbeschlusses wegen Fernbleibens der geladenen Partei im Anhörungstermin vor dem Familiengericht durch Beschluss des OLG München, 4 WF 532/22 vom 20.05.2022. Danach ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn Hinderungsgründe noch rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt, das Gericht um Terminsaufhebung ersucht wurde und das Fernbleiben nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens geführt hat. Das Gericht hat sich bei der Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes in der Ermessensausübung am Zweck des § 33 Abs. 3 FamFG zu orientieren. Dieser ist nicht, "eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern".

23.03.2022

Aktuelle Entscheidung des Landgerichts Ravensburg vom 18. Februar 2022 zum Widerruf des mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags, entgegen der derzeit gängigen Praxis der Konsumentenbanken bei der Rückabwicklung widerrufener Kreditverträge:


„Bei Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags besteht kein Anspruch der Bank analog § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB auf Verzinsung des Darlehens.“ (LG Ravensburg, Urteil vom 18. Februar 2022 – 2 O 76/20 –, zitiert nach Juris)

09.09.2021

Kein Einwand der Verwirkung oder des Rechtsmissbrauchs bei fehlender oder fehlerhafter Information der Bank über das Widerrufsrecht des Verbrauchers - Der Europäische Gerichtshof hat auf die Vorlagen des Landgerichts Ravensburg unter anderem am 09. September 2021 entschieden:

„6. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass er es dem Kreditgeber verwehrt, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß dieser Bestimmung durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat.

7. Die Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass der Kreditgeber im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 durch den Verbraucher keinen Rechtsmissbrauch annehmen darf, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte.

(EuGH, Urteil vom 09.09.2021, C-33/20, Celex-Nr. 62020CJ0033)

31.03.2021


Nach der Reform zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sind die neuen amtlichen Formulare für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen natürlicher Personen online verfügbar.
Voraussetzung für einen zulässigen Antrag ist weiterhin, dass der Antragsteller zuvor einen ernsthaften außergerichtlichen Einigungsversuch mit allen Gläubigern unternommen hat. Bitte vereinbaren Sie bei Beratungsbedarf telefonisch einen Erstberatungstermin.


https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/insolvenz/verbraucherinsolvenzverfahren/InsO-1_gen_01_2021.pdf


24.02.2021

Kein Widerrufsrecht des Leasingnehmers bei Kilometerleasingverträgen

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 2021, Az.: VIII ZR 36/20

Nach der Entscheidung des VIII. Zivilsenats steht einem Leasingnehmer, der als Verbraucher mit einem Unternehmer einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung abgeschlossen hat, ein Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zu. 

09.02.2021

Der BGH weist in einem weiteren Fall, hier hatte die Bank schlicht die vom Gesetzgeber vorgesehenen Zwischenüberschriften des Musters weggelassen - darauf hin, dass sich eine darlehensgewährende Bank nicht auf den Schutz des gesetzlichen Musters der Widerrufsinformation berufen kann, wenn sie das Muster nicht in der vorgeschriebenen Form übernommen hat. Der Orientierungssatz des Urteils vom 10. November 2020, Az.: XI ZR 426/19 lautet: 

„Die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF fällt weg, wenn in der Widerrufsinformation entgegen den bei einem mit einem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nach § 358 BGB nach dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB die beiden zwingend vorgeschriebenen Unterüberschriften "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" sowie die zwingend vorgeschriebene Überschrift "Einwendungen bei verbundenen Verträgen" fehlen. Das Fehlen der (Unter-)Überschriften stellt nicht lediglich ein unbeachtliches Redaktionsversehen dar, das unter Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB subsumiert werden könnte. (Rn.19)“ 


Seit dem 30.12.2020 gilt es:

Das RSB-Verkürzungsgesetz wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?p=17588

Damit gilt rückwirkend zum 01.10.2020 die neue verkürzte Dauer der Restschuldbefreiung von nur noch drei Jahren. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung. Der Gesetzgeber hat jedoch auch noch einige weitere Änderungen vorgenommen, beispielsweise die Verpflichtung natürlicher Personen, im Verfahren nun auch Lotteriegewinne und Geschenke herauszugeben, wobei Gelegenheitsgeschenke geringen Werts davon ausgenommen sein sollen. Ab wann nicht mehr von einem geringen Wert auszugehen ist, hat der Gesetzgeber offen gelassen. Darüber werden zukünftig die Insolvenzgerichte entscheiden.

Aktuelle Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zum Bürgschaftsrecht

BGH, Urteil vom 22. September 2020, XI ZR 219/19, Leitsatz:

„Ein Bürge hat kein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 9. März 1993 - XI ZR 179/92, WM 1993, 683).“

Bei einer Bürgschaft gewährt der Bürge lediglich einseitig eine Sicherheit an den dies einfordernden Unternehmer. Deshalb handelt es sich gerade nicht um einen Vertrag, der eine entgeltliche Leistung eines Unternehmers zum Gegenstand hat. Dies ist jedoch nach § 312 Abs. 1 BGB notwendige Voraussetzung für das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts. Dies gilt nach der jüngst veröffentlichten Entscheidung des BGH auch für Fernabsatzverträge.

Am 17. und 18.12.2020 haben der Bundestag und Bundesrat die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre mit Geltung ab dem 01.10.2020 beschlossen. Die Änderung der Insolvenzordnung kann damit nach Unterzeichnung und Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wie geplant in Kraft treten.

Der Regierungsentwurf (19/21981) in der Beschlussfassung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 19/25251) vom 15.12.2020 wurde angenommen. Somit können natürliche Personen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits nach 3 Jahren ihre Restschuldbefreiung erlangen, wenn der Antrag nach dem 30.09.2020 beim Gericht eingegangen ist. Diese Neuregelung gilt insbesondere auch für so genannte masselose Verfahren natürlicher Personen, d.h. also unabhängig davon, ob Zahlungen an den Insolvenzverwalter geleistet wurden oder nicht. Ob durch diese Neuregelung auch die Chancen auf eine außergerichtliche Schuldenregulierung nach § 305 InsO steigen, wenn natürliche Personen ihren Gläubigern im Rahmen eines Schuldenbereinigungsplans Vergleichszahlungen anbieten, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20 

Der BGH hat einen Fall entschieden, in dem der Käufer einen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Gebrauchtwagen der Marke Audi erst nach Bekanntwerden des sogenannten Dieselskandals gekauft hat und in diesem Fall Schadensersatzansprüche des Gebrauchtwagenkäufers gegen die VW AG verneint.

Im Fall eines mit dem Gebrauchtwagenkauf verbundenen Finanzierungsvertrags kann sich der Käufer und Darlehensnehmer unter Umständen zumindest noch durch den Widerruf des Kreditvertrags behelfen, wenn die Bank im Rahmen der Rückabwicklung der beiden miteinander verbundenen Verträge das Fahrzeug zurücknehmen und die geleistete Anzahlung und die gezahlten Zins- und Tilgungsraten erstatten muss.

Viele hier überprüfte Kfz-Finanzierungsverträge enthalten Fehler bei der Information über das Widerrufsrecht. Ob sich ein Widerruf lohnt, wenn man sich von dem Fahrzeug trennen möchte und im Hinblick darauf, dass für die Nutzung des finanzierten Fahrzeugs bis zur Rückgabe Wertersatz geleistet werden muss, sollte im Einzelfall geprüft werden. 

26.11.2020


Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine verbraucherunfreundliche Rechtsprechung, wonach der so genannten Kaskadenverweis in einer Widerrufsbelehrung klar und verständlich sein soll, aufgegeben und mit dieser Entscheidung zugleich der ebenfalls verbraucherunfreundlichen Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte im Zusammenhang mit dem Urteil des EuGH vom 26.03.2020 eine deutliche Absage erteilt.
Mit Aufhebung des Berufungsurteils des OLG Stuttgart vom 24.09.2019 durch den BGH ist nun klar, dass eine Bank die nicht klar und verständlich, mit dem sogenannten Kaskadenverweis über den Beginn der Widerrufsfrist, belehrt hat, sich nicht auf den Schutz der gesetzlichen Musterbelehrung berufen kann, und zwar ohne dass es auf weitere Fehler in der Widerrufsbelehrung noch ankommt.
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19, Rn. 14 - 16:

"Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach den Maßstäben des nationalen Rechts (Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB) klar und verständlich (Senatsbeschluss vom 31. März 2020 - XI ZR 581/18, ZIP 2020, 868 f. mwN).
Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) hat aber mit Urteil vom 26. März 2020 (C-66/19, WM 2020, 688 - Kreissparkasse Saarlouis) entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist.
Auf der Grundlage dieses Urteils hält der Senat im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge an seiner bislang entgegenstehenden Rechtsprechung nicht fest, wonach ein solcher Verweis klar und verständlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 44/18, WM 2019, 864 Rn. 15 f.). Die nationalen Regelungen in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 EGBGB lassen nach ihrem Wortlaut offen, ob und auf welche Weise in der Widerrufsinformation auf die zu erteilenden Pflichtangaben hinzuweisen ist. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB muss dies lediglich klar und verständlich sein. Diese Voraussetzung ist auslegungsfähig, so dass bei einer richtlinienkonformen Auslegung eine Verweisung auf weitere Rechtsvorschriften den Anforderungen an Klarheit und Verständlichkeit nicht genügt."

12.11.2020

Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Verkürzung der Restschuldbefreiungsphase auf 3 Jahre:

Die geplante Gesetzesänderung zur Verkürzung der Restschuldbefreiung soll nun kurzfristig in 2. und 3. Lesung im Deutschen Bundestag terminiert werden.

Dabei ist derzeit noch unklar, ob es nach der längeren Beratung des Gesetzentwurfs bei der Rückwirkung zum 1. Oktober 2020 bleibt. Das BMJV geht wohl bisher noch von der Rückwirkung aus.

Dies sollten natürliche Personen unbedingt beachten, wenn Sie derzeit einen Insolvenzantrag stellen wollen.

29.10.2020

Eine fehlerhafte Widerrufsinformation kann Retter in der Not für Kreditnehmer bei überteuerten Verbraucherkrediten mit Restschuldversicherungen sein!

Nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 26.03.2020 zum berüchtigten fehlerhaften Kaskadenverweis in vielen Widerrufsbelehrungen bundesdeutscher Verbraucherkreditverträge, wie beispielsweise in ausnahmslos allen von mir überprüften Verträgen der Targobank AG (vormals Citibank), Santander Consumer Bank AG, Teambank AG (EasyCredit), diverser Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und zahlreicher weiterer Kreditinstitute, hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil nun auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Berufungsurteil bestätigt, dass sich Banken nur dann auf den gesetzlichen Musterschutz berufen können, wenn die Widerrufsbelehrung inhaltlich dem gesetzlichen Muster entspricht.

Nach dem Widerruf wandelt sich das Darlehensverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis, so dass Banken den Anspruch auf nicht selten, gegenüber dem Marktzins überhöhte Darlehenszinsen und exorbitant teure Restschuldversicherungsprämien gegenüber den Darlehensnehmern verlieren.

Das OLG Frankfurt führt in seinem Urteil vom 22. September 2020 aus:

„Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion sind gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB Abweichungen von dem Muster in Format und Schriftgröße unschädlich. Dagegen verliert der Unternehmer die Schutzwirkung, wenn er das gesetzliche Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, unabhängig von Gewicht und Kausalität der Änderung (Grüneberg, BKR 2019,1, 4 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist somit nicht maßgeblich, dass die Information nicht dadurch unrichtig oder unklar würde. Es reicht aus, dass der Aussageinhalt des Musters verändert wird. Dies ist bei der Wahl anderer Beispiele für die mitzuteilenden Pflichtangaben der Fall.“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 22. September 2020 – 10 U 188/19 –, Rn. 35)

Welche weiteren Abweichungen von der Musterbelehrung insoweit maßgeblich sind, unterliegt einer konkreten einzelfallabhängigen Prüfung des Darlehensvertrags, die in die Hand von Spezialisten gehört.

Die Möglichkeit des Widerrufs und damit einer Rückabwicklung des Vertrages besteht sogar selbst dann noch, wenn die Bank das Darlehen wegen Zahlungsverzug des Darlehensnehmers bereits gekündigt hat und auch dann noch, wenn die nach der Kündigung und Fälligstellung offene Restforderung bereits durch Vollstreckungsbescheid tituliert wurde. Selbst im Rahmen der Zwangsvollstreckung können sich betroffene Kreditschuldner in einem solchen Fall erfolgreich zur Wehr setzen.

Erneuter Deutlicher Hinweis des Europäischen Gerichtshofs zum Verbraucherschutz in der Vorabentscheidung auf Vorlage eines spanischen Gerichts zur Auslegung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen:

EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-224/19 und C-259/19

„In jedem Fall muss das Gericht eines Mitgliedstaats eine Vertragsklausel, die sich auf den Hauptgegenstand des Vertrags bezieht, auf Klarheit und Verständlichkeit überprüfen, unabhängig davon, ob Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie in die Rechtsordnung dieses Mitgliedstaats umgesetzt worden ist.“ (Rn. 17)

Es dürfte erlaubt sein, hier bereits einen erfreulich deutlichen Hinweis des Gerichtshofs an die deutsche Rechtsprechung zu sehen.

Die seit dem Urteil des EuGHs vom 26.03.2020 zur Fehlerhaftigkeit der deutschen Musterwiderrufsbelehrung vertretene Auffassung des XI. Senats des Bundesgerichtshofs, dass der BGH, wenn er der Rechtsprechung des EuGHs folgen würde, gegen das in Deutschland geltende formelle Recht und damit gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen würde, bleibt erheblich diskussionswürdig.

02.07.2020:

Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens für natürliche Personen auf 3 Jahre

Aus einer Pressemeldung des BMJV vom 01.07.2020:

 

"(...) Anders als bislang soll es dabei künftig für die Restschuldbefreiung nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen.
Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt werden.

Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17. Dezember 2019 beantragt wurden, soll das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden. (...)"

Weitere Informationen dazu finden sich auf der Seite des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV):

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Restschuldbefreiung_FAQ.pdf;jsessionid=172B5CB4A098ACDCEFF6C79ED38BFE94.2_cid324?__blob=publicationFile&v=1


03.03.2020: Grundsatzurteil des XI. Senats des BGH zum Verbraucherdarlehensrecht:

- Widerruf von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen trotz Optierung zur Umsatzsteuer bei privater Vermögensverwaltung möglich -

"Erfordert die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher im Sinne des Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 S. 1. a), § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer optiert." (Leitsatz, BGH XI. Zivilsenat, 03.03.2020, XI ZR 461/18)

"Soweit dem Urteil des V. Zivilsenats vom 26.02.2016 (V ZR 208/14) Abweichendes entnommen werden kann, hat der V. Zivilsenat auf Anfrage mitgeteilt, an seiner Rechtsauffassung nicht festzuhalten." (Orientierungssatz 1 der o. a. Entscheidung)


Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 13.02.2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre auf den Weg gebracht.

Dies erfolgt zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz für den Bereich Entschuldung in deutsches Recht.

Damit soll, aufgrund der geplanten Übergangsregelung, bereits für Insolvenzanträge natürlicher Personen seit Dezember 2019 eine schrittweise Verkürzung des regelmäßigen Restschuldbefreiungsverfahrens von bislang sechs auf künftig drei Jahre eingeführt werden. Auf die Erfüllung besonderer Voraussetzungen wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestbefriedigungsanforderungen, wie bisher, wird dabei künftig verzichtet.

Das bedeutet, dass Verbraucher und selbständig Tätige, auch wenn Sie bereits jetzt einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müssen, an der geplanten schrittweise Angleichung der Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens teilnehmen werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch noch, dass auch die so genannte Sperrfrist, innerhalb derer Schuldner nach erfolgter Restschuldbefreiung einen erneuten Antrag stellen können, im Zuge der Richtlinienumsetzung entsprechend von 10 auf 13 Jahre angepasst und die Fristen für die Speicherung der Schuldnerdaten von drei auf ein Jahr verkürzt werden sollen.

Erneute EuGH-Vorlage des Landgerichts Ravensburg im Sinne des Verbraucherschutzes!

Nach der für Verbraucher nachteiligen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. November 2019 (XI ZR 650/18) hat das Landgericht Ravensburg mit Beschluss vom 05. März 2020 (2 O 328/19) erneut Verfahren zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, wie sorgfältig Banken den Verbraucher beim Abschluss eines Kreditvertrags über die Berechnung des Verzugszinssatzes und seine Kündigungsrechte informieren müssen und ab wann dem Darlehensgeber der Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs gegen den Widerruf des Verbrauchers verwehrt ist.

Mit dieser Vorlageentscheidung stärkt das Landgericht Ravensburg erneut die Rechte von Verbrauchern gegenüber Banken und Sparkassen.

Stand der Veröffentlichung: 13.03.2020

Anspruch auf Entschädigung bei Lohn- und Umsatzausfall im Fall häuslicher Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz (IFSG)?
  

Was passiert, wenn der Staat bei Selbständigen oder Arbeitnehmern wegen des Coronavirus die Quarantäne anordnet? Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 IFSG gibt es einen Anspruch auf Entschädigung. Zahlreiche betroffene Arbeitnehmer und Selbständige befinden sich seit Tagen in Quarantäne.

Das IFSG spricht von Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern. Auch andere Menschen, die Kontakt zu solchen Personen hatten, werden u. U. in Quarantäne verwiesen. Solche Schutzmaßnahmen können die zuständigen Behörden nach § 28 Abs. 1 IFSG anordnen, die Quarantäne, das IFSG spricht auch von Absonderung, wird nach § 30 Abs. 1 S. 2 IFSG angeordnet.

Dies führt zwangsläufig zur Frage, wer im Arbeitsverhältnis das Entgeltausfallrisiko trägt und ob Selbständige einen Entschädigungsanspruch haben, für den staatliche Stellen, für den entgehenden Lohn bei Arbeitnehmern oder den Umsatz bei Selbständigen, eintreten.

§ 615 BGB regelt zwar den sogenannten Annahmeverzugslohn, ist in diesem Fall aber nur auf den ersten Blick einschlägig. Zwar trägt der Arbeitgeber das Entgeltrisiko, aber erbringen Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nicht, da sie, um die Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten zu vermeiden (§ 1 Abs. 1 IFSG) auf behördliche Anordnung abgesondert werden, können sie gar nicht arbeiten.

Wer aufgrund behördlicher Anordnung auf diese Art in Quarantäne genommen wird, hat nach § 56 Abs. 1 S. 2 IFSG einen Anspruch auf Entschädigung, der sich nach dem Verdienstausfall bemisst (§ 56 Abs. 2 S. 1 IFSG).

Wenn Sie Fragen zur Vergütung in Ihrem Arbeitsverhältnis oder wie Sie in Ihrem Unternehmen auf die Folgen der Ausbreitung der Erkrankung jetzt reagieren können haben, rufen Sie mich bitte an und vereinbaren einen Beratungstermin.

Stand der Veröffentlichung: 05.03.2020


Das Landgericht Ravensburg bestätigt erneut:

1. Eine Widerrufsinformation bei einem Verbraucherkreditvertrag, wonach die Widerrufsfrist nach Abschluss des Vertrages beginnt, ist unklar, wenn der Verbraucher in den Darlehensbedingungen auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet hat.

2. Dies gilt auch dann, wenn die Annahme des Darlehensantrags im Einzelfall noch am gleichen Tag erfolgt, da es allein darauf ankommt, ob die Widerrufsinformation durch die missverständliche Fassung objektiv geeignet war, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, juris Rn. 26).

3. Auf den Musterschutz gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB kann sich der Kreditgeber in einem solchen Fall nicht berufen, da der Musterschutz voraussetzt, dass von der gesetzlichen Regelung der §§ 145, 146 BGB nicht abgewichen wird und damit gewährleistet wird, dass der Verbraucher durch den Zugang der Annahmeerklärung erfährt, wann der Vertrag zustande kommt und seine Widerrufsfrist beginnt.

(Leitsatz, LG Ravensburg, Urteil vom 18. Februar 2020 – 2 O 299/19)

Dies betrifft nicht nur zweckgebundene Darlehen, wie zum Beispiel zur Kaufpreisfinanzierung eines Fahrzeugs, sondern alle Verbraucherdarlehensverträge, sofern der Beginn der Widerrufsfrist auch an den Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags geknüpft ist.

Derzeit noch anhängig ist die Berufung beim Oberlandesgericht Stuttgart (Az.: 6 U 358/191) zum Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 30.07.2019 mit folgendem Leitsatz:

1. Eine Widerrufsinformation ist widersprüchlich, wenn einerseits darauf hingewiesen wird, für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens sei der vereinbarte Sollzins zu entrichten, andererseits aber mitgeteilt wird, für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens sei ein Zinsbetrag in Höhe von 0,00 € zu bezahlen.

2. Bei einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag ist eine Widerrufsinformation unrichtig, wenn dem Darlehensnehmer mitgeteilt wird, er müsse nach dem Widerruf das Darlehen zurückzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Berufung des Darlehensgebers bei einer solchen Widerrufsinformation ist rechtsmissbräuchlich, wenn er gleichzeitig in den Allgemeinen Darlehensbedingungen die Aufrechnungsbefugnis und das Zurückbehaltungsrecht des Darlehensnehmers unzulässig beschränkt hat.

(LG Ravensburg, Urteil vom 30. Juli 2019 – 2 O 164/19)

Stand der Veröffentlichung: 04.03.2020

Erfreuliche Neuigkeiten zum Thema Widerruf von Kreditverträgen zum Jahresbeginn 

Mit ihrem Beschluss vom 07. Januar 2020 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg (Az.: 2 O 315/19) erneut eine Lanze für den Verbraucherschutz gebrochen und das Verfahren in einem Fall, in dem der Käufer eines vom Diesel-Abgas-Skandal betroffenen VW Passat Variant 2,0 TDI den sogenannten Widerrufsjoker gezogen hatte, um sich von seinem manipulierten Dieselfahrzeug zu trennen und sein Geld zurückzuerhalten, ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt, um folgende Fragen zu klären:

1. Ist Art. 10 Abs. 2 lit. l) Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (im Folgenden: RL 2008/48/EG) dahin auszulegen, dass im Kreditvertrag

a) der bei Abschluss des Kreditvertrages geltende Verzugszinssatz als absolute Zahl mitzuteilen ist, zumindest aber der geltende Referenzzinssatz (vorliegend der Basiszinssatz gem. § 247 BGB), aus dem sich der geltende Verzugszinssatz durch einen Zuschlag (vorliegend von fünf Prozentpunkten gem. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) ermittelt, als absolute Zahl anzugeben ist?

b) der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu erläutern ist, zumindest aber auf die nationalen Normen, aus denen sich die Anpassung des Verzugszinssatzes entnehmen lässt (§§ 247, 288 Absatz 1 Satz 2 BGB), verwiesen werden muss?

2. Ist Art. 10 Absatz 2 lit. r) RL 2008/48/EG dahin auszulegen, dass im Kreditvertrag ein konkreter vom Verbraucher nachvollziehbarer Rechenweg für die Ermittlung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung anzugeben ist, so dass der Verbraucher die Höhe der bei vorzeitiger Kündigung anfallenden Entschädigung zumindest annäherungsweise berechnen kann?

3. Ist Art. 10 Absatz 2 lit. s) RL 2008/48/EG dahingehend auszulegen, dass im Kreditvertrag

a) auch die im nationalen Recht geregelten Kündigungsrechte der Parteien des Kreditvertrags angegeben werden müssen, insbesondere auch das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB bei befristeten Darlehensverträgen?

b) bei sämtlichen Kündigungsrechten der Parteien des Kreditvertrags auf die bei der Ausübung des Kündigungsrechts jeweils vorgeschriebene Frist und Form für die Kündigungserklärung hinzuweisen ist? (LG Ravensburg, Beschluss vom 07. Januar 2020, 2 O 315/19, Tenor)

Diese erneute für Verbraucher günstige Entscheidung des Landgerichts dürfte nicht nur im Zusammenhang mit Autokrediten, sondern darüber hinaus bei allen finanzierten Verbrauchsgüterkäufen, egal ob Möbel, Haushaltsgeräte oder Elektronikartikel, wie Handy, Notebook und dergleichen zu einem erneuten Aufleben der Widerrufswelle führen. Der europäische Gerichtshof wird sich nun zwingend mit den gestellten Fragen zu den Pflichtangaben der Bank in Verbraucherkreditverträgen und den Folgen von Fehlern der Banken dabei befassen müssen. Im Ergebnis dürfte dies zu einer von den Banken gefürchteten Umkehr seit den für Kunden nachteiligen Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 05. November 2019 führen.

Bereits in einem von mir erstrittenen Urteil vom 21.09.2018, 2 O 21/18 hatte das Landgericht Ravensburg die Debatte um den Widerruf von Krediten mit neuen Aspekten wieder neu aufleben lassen. Im Fokus dieser vieldiskutierten Entscheidung stand noch das unzulässige Aufrechnungsverbot, das in vielen AGB von Banken und Sparkassen bis zum Jahr 2018 zu finden ist. Der Tenor dieses Urteils war, dass diese Klausel für Kreditnehmer ein unzulässiges Hindernis für die Ausübung des Widerrufs darstelle, mit der Konsequenz, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.

Das Landgericht berief sich seinerzeit auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. März 2018 (Az.: XI ZR 309/16), der in einem Präzedenzurteil die Rechtswidrigkeit der AGB-Klausel zum Aufrechnungsverbot feststellte.

Unter anderem vor diesem Hintergrund bejahte das Landgericht im September 2018 den Widerruf eines im Jahr 2012 abgeschlossenen Kreditvertrags einer Kundin der Sparkasse Bodensee. Der Bundesgerichtshof erteilte dieser Wertung in einem anderen Verfahren zwar inzwischen eine Absage.

Dabei darf jedoch nicht aus dem Auge verloren werden, dass es betroffenen Banken und Sparkassen jedenfalls verwehrt sein dürfte, sich im Fall der Verwendung der unzulässigen Aufrechnungsverbotsklausel (bei fast allen Verträgen die bis zum Frühjahr 2018 abgeschlossen wurden) und der damit einhergehenden unzulässigen Erschwerung des Widerrufsrechts von Verbrauchern, nach einem Widerruf der Vertragserklärung des Darlehensnehmers auf die Verwirkung des Widerrufsrechts zu berufen.

Stand der Veröffentlichung: 23.01.2020

Ausweg aus teuren Verbraucherdarlehen mit Restschuldversicherung durch Widerruf sogenannter Kettenkredite der Targobank - Keine Verwirkung des Widerrufsrechts des Bankkunden

Das LG Ravensburg hat in einem von mir erstrittenen Urteil vom 02.04.2019, 2 O 335/18 den Widerruf zweier Verbraucherdarlehensverträge mit der Targobank (ehemals Citibank) aus den Jahren 2013 und 2016 für wirksam erklärt, weil nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurde. Das Landgericht begründete seine Entscheidung in diesem Fall unter anderem damit, dass der Vertragsvordruck der Targobank unter der Überschrift "Besondere Vereinbarungen" einen Verzicht der Darlehensnehmer auf den Zugang der Annahmeerklärung der Bank enthält. "Aufgrund dieses Verzichts auf den Zugang weiß ein durchschnittlicher vernünftiger Darlehensnehmer nicht, wann der Vertrag genau zu Stande gekommen ist und damit die Widerrufsfrist begonnen hat." Gleichzeitig brach das Landgericht eine Lanze für die Kunden der Banken, denen bei Verschlechterung ihrer finanziellen Lage nur vermeintlich mit der Aufstockung eines bestehenden Darlehens "geholfen" wird, was in vielen Fällen dazu führt, dass Privatpersonen durch immer höhere Kreditkosten und Versicherungsbeiträge konsequent in die Zahlungsunfähigkeit geführt werden. In unserem Fall waren es zwei Verträge, die in Folge abgeschlossen wurden und bei dem der Zweitvertrag eine noch fünfstellige Restforderung aus dem bereits bestehenden Darlehen vorzeitig getilgt hatte. Zwei Mal sollten die Bankkunden Versicherungen zur Absicherung des Kredits abschließen und die Kosten der Versicherung von jeweils annähernd 10.000,- € zusätzlich finanzieren. In diesem Fall erkannte nun das Gericht auch den Widerruf des bereits - vorzeitig durch den Folgevertrag - abgelösten Kreditvertrags als wirksam an: "Im vorliegenden Fall liegt kein Fall eines beendeten Vertrages vor. Vielmehr wurde hier das Darlehen dadurch abgelöst, dass gleichzeitig - sogar unter der gleichen Vertragsnummer - ein neues höheres Darlehen unter modifizierten Bedingungen ausgereicht. In einem solchen Fall, in dem das Darlehen nur in einer etwas anderen Form weiterbesteht, kann nicht von einer Ablösung gesprochen werde. Ein Umstandsmoment, dass das Vertrauen der Bank auf ein Unterlassen des Widerrufs rechtfertigen könnte, liegt in einem solchen Fall nicht vor." Die Targobank hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Stand der Veröffentlichung: 02.01.2020



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